Brandbrief zum Lkw-Fahrermangel
Liebe EU. Liebe Infrastrukturverantwortliche in den Ländern und Kommunen. Liebe Kunden. Liebe Konsumenten. Liebe Verkehrsteilnehmer.
Manchmal muss man sich mal Luft machen und Dinge benennen, die so einfach nicht weitergehen können. Um damit hoffentlich einen Diskurs anzustoßen, der nicht nur das Bewusstsein schärft, sondern auch messbare Verbesserungen bringt. Denn das nützt unterm Strich allen. Darum wenden wir uns heute zum Thema „Lkw-Fahrermangel in der Transportbranche“ mit mahnenden Worten an Sie.
Der Frachtverkehr hält unsere Gesellschaft am Laufen: Er füllt unsere Supermarktregale, stellt die pünktliche Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen sicher, liefert der Industrie Rohstoffe und sichert mit Baumaterial unsere Infrastruktur. Ohne den stetig und verlässlich eintreffenden Nachschub würde bei uns binnen weniger Tage alles zusammenbrechen – Ohne Nahrung, Medikamente, Rohstoffe für die Industrie und Baumaterialien hätten wir innerhalb kürzester Zeit ein dystopisches Endzeitszenario. Wie „systemrelevant“ die Speditionsbranche ist, würden wir spätestens dann merken, wenn sie nicht mehr funktionierte. Der seit Jahren herrschende Mangel an Lkw-Fahrern betrifft daher uns alle: Schon heute kratzt die Transportbranche an ihren Kapazitätsgrenzen. Angesichts unverändert steigender Transportvolumina wird sie das Auftragsaufkommen irgendwann nicht mehr bewältigen können – mit verheerenden Folgen für die Volkswirtschaften. Doch weshalb geht den Speditionen der Nachwuchs aus?
Erhöhter Leistungsdruck und eine stetig wachsende Verkehrsdichte sind nur einige der Gründe, dass der Beruf des Lkw-Fahrers zunehmend an Beliebtheit verliert. Die Nachfrage nach Konsumgütern befindet sich auf einem Rekordhoch, gleichzeitig wird ihr Transport an immer strengere Auflagen geknüpft. Die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer werden häufig durch die Verkehrslage und die Parkplatzsituation an Raststätten beeinflusst, sodass es zu längeren Lenk- und Arbeitszeiten kommt. Auch der zunehmenden Kriminalität auf Lkw-Parkplätzen sind die Fahrer schutzlos ausgeliefert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Globalisierung und das Konsumverhalten der Verbraucher einen erheblichen Teil zu der geringen Entlohnung der Lkw-Fahrer beitragen: Güter sollen nach Möglichkeit schnell und vor allem günstig verfügbar sein, sodass an den Transportkosten gespart wird. Höchste Zeit, dem ein Ende zu bereiten – nun ist jeder gefragt, einen Teil beizutragen, um den Fahrern ein würdiges und wertschätzendes Arbeitsumfeld zu ermöglichen.
Wir fordern daher mehr und sicherere Parkplätze von den Infrastrukturverantwortlichen der Länder und Kommunen, damit die Ruhezeiten der Fahrer eingehalten und Gefahren durch Überfälle minimiert werden. Wir fordern von der EU eine Optimierung der Gesetzeslage, damit Genehmigungen und Bestimmungen auf der Fahrerkarte gespeichert werden können. Wir fordern von den Verladern einen respektvollen, wertschätzenden und vorurteilsfreien Umgang mit den Fahrern und wir fordern von Kunden und Konsumenten, die Dumpingspirale aufzulösen – für eine faire Entlohnung der Fahrer. Außerdem möchten wir alle Straßenverkehrsteilnehmer dazu anhalten, eine umsichtige und vorausschauende Fahrweise an den Tag zu legen: keine riskanten Überholmanöver starten, keine gefährlichen Notbremsungen provozieren und vielleicht einfach mal aus reiner Freundlichkeit dem Lkw die Vorfahrt gewähren.
Auch wir bei ULEX leisten unseren Teil zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer – zum Beispiel setzen wir auf internationale Partnerschaften. Durch langjährige und stabile Zusammenarbeit mit Frachtführern aus Polen und Rumänien sind wir inzwischen zu einem eingespielten internationalen Team zusammengewachsen, was es uns ermöglicht, auch über Landesgrenzen hinaus für das Wohlbefinden der Fahrer zu sorgen. Parkmöglichkeiten für die Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände, Räumlichkeiten mit gut ausgestatteten sanitären Anlagen, Küche, Waschmaschine und Trockner tragen dazu bei, dass die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit von 45 Stunden pro Woche außerhalb der Fahrerkabine verbringen können. Leider ist ein solches Zusammenspiel zwischen Spediteur und Frachtführer eher die Ausnahme als die Regel – und das muss sich ändern.
Wir wünschen uns sehr, dass dieser Appell nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Handeln anregt und vor allem mehr Bewusstsein dafür schafft, welche Herausforderungen der verantwortungsvolle Beruf des Lkw-Fahrers mit sich bringt: Wir alle haben die Möglichkeit, einen Beitrag zu einem attraktiveren Arbeitsalltag zu leisten und damit sicherzustellen, dass wir auch in Zukunft mit allem versorgt sind, was wir täglich brauchen.